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Im Verlauf der letzten 10 Jahre hat die Menge an digital verfügbaren, fachwissenschaftlich annotierten Volltexten für die historische Forschung stark zugenommen. Damit einher geht auch eine Veränderung sowohl der Nutzungsformen digitaler Quellen als auch der Möglichkeiten der historischen Arbeitsweise. Bestand um die Jahrtausendwende noch enger Kontakt zwischen HistorikerInnen und Quellen, nimmt dies mit zunehmender Digitalisierung perspektivisch ab. Hat der/die ForscherIn früher die für seine Forschungsfragen relevanten Quellen in der Regel alle mindestens einmal gelesen, scheint dies bei den heute recherchierbaren Mengen an digitalen Quellen kaum noch möglich. Ein Hauptproblem ergibt sich hier aus der Schnittstelle zwischen ForscherInnen und den im Netz erreichbaren Quellendatenbanken. Die Suchinterfaces der Datenbanken sind oft für die Nutzung durch ExperteInnen des jeweiligen Materials optimiert. Dies ist auf der einen Seite zu begrüßen, da sie den FachwissenschaftlerInnen damit besten Zugriff auf das Material gewähren. Daneben sollten aber weitere Zugriffsmöglichkeiten für übergreifende Text-Mining- oder Big-Data-Recherchen bereitgestellt werden, mit denen verschiedene Quellenkorpora parallel im Hinblick auf übergreifende Fragestellungen untersucht werden können.
Neben Such- bzw. sammlungsorientierten Zugriffen auf die Daten wird die Fähigkeit, mittels bestimmter Visualisierungsmethoden und -instrumente neue Zusammenhänge in den Daten zu erkennen und diese dann für die historische Analyse zu nutzen immer wichtiger. Insbesondere im Bereich der graphorientierten Visualisierungsmethoden ist im Moment ein regelrechter Boom an Softwarebibliotheken und Online-Tools zu beobachten. Auch in den einschlägigen Forschungsumgebungen bzw. Forschungsinfrastrukturen für die Geisteswissenschaften wie TextGrid und DARIAH werden zunehmend Visualisierungsinstrumente für annotierte Fachdaten eingebunden.
Im Workshop zweier Partnerinstitutionen aus dem DARIAH-DE Cluster "Fachwissenschaftliche Annotationen" (Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte / Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Digitale Akademie) soll es mit konkretem Praxisbezug um die Potentiale, Methoden und Instrumente zur Visualisierung von historischen Fachdaten gehen. Als Anwendungsbeispiel dienen die historischen Fachdatenrepositorien, die beide Partner in den Workshop mit einbringen (bspw. Epidat – epigraphische Datenbank,
Visualisiert werden zunächst klassische Fragestellungen, wie beispielsweise die nach bestimmten Familienbeziehungen, nach Orts- oder Zeitbezügen in den Daten. Genutzt werden Instrumente wie beispielsweise die Graphdatenbank neo4j, das Netzwerkvisualisierungsinstrument Gephi, aber auch JavaScript-Tools auf Basis von sigma.js (
Im Fazit soll der Workshop ein Bewusstsein und auch schon erste Fähigkeiten entwickeln, sich mit Hilfe von Visualisierungsinstrumenten neue Sichten auf das Quellenmaterial und somit neue Forschungsperspektiven zu eröffnen. Deutlich werden wird aber auch, dass dieser Ansatz nicht automatisch zu einer „Antwort-Maschine“ führt, die dem/der WissenschaftlerIn die interpretative Arbeit abnimmt. Vielmehr können sich durch Visualisierungen neue Interpretationsmöglichkeiten des Quellenmaterials bieten, die vorher einfach auf Grund der Datenmasse nicht sichtbar gemacht werden konnten.
Weiterführende Literatur:
Kuczera, Andreas (2015): Graphdatenbanken für Historiker. Netzwerke in den Registern der Regesten Kaiser Friedrichs III. mit neo4j und Gephi.
Schrade, Torsten (2013): Datenstrukturierung, in: Über die Praxis des kulturwissenschaftlichen Arbeitens. Ein Handwörterbuch. Bielefeld: transcript, S. 91–97.
10 - 15 Personen